European Climate Novels under the umbrella of cli-fi, by Victor Sattler in Germany

EUROPÄISCHE KLIMA-LITERATUR:Krise der Vorstellungby VICTOR SATTLER in Germany
In einem digitalen Essay versammelt das Literarische Colloquium Berlin die europäische „Cli-Fi“, die sich um Klima und Umwelt dreht. Wie viel Fiktion darf es sein, wie viel Politik?
In a digital essay, the Berlin Literary Colloquium has brought together the European “Cli-Fi” that revolves around climate and the environment. How much fiction can it be, how much politics?
At this year's Bachmann Prize competition, the juror Insa Wilke criticized an attitude that seemed to have bothered her in previous years. “We always talk about visions of the future,” she said of texts that describe destroyed environments. There are contemporary texts. Wilke refused to put a story about a desolate, rubbish future in the corner of science fiction and put the stamp of genre literature on it. Because: Can something that, according to scientists, threaten the continued existence of mankind really only be one genre among many?
The playwright Thomas Köck now argues similarly at an event of the Literary Colloquium Berlin (LCB). He too wants to distance himself from science fiction, the “most fictional” of all fictions. But where is the climate and environmental literature better kept? Köck is one of ten European authors who are concerned with this question. The LCB and Freie Universität Berlin have brought them together for a digital essay consisting of videos from panel discussions, readings and other formats. You can scroll through the entire mini festival on the LCB website and get an introduction to the young movement. Bruno Arpaia wrote the first Italian ''cli-fi'' novel in 2016. María Bonete Escoto contributed a story to the first Spanish climate anthology in 2018. And the Polish writer Julia Fiedorczuk even founded Europe's first school for “eco-poetics”, in which new, better metaphors for the crisis in the Aristotelian sense are “made”.
Disqualified: A time traveling polar bear
Everything "Cli-Fi", a modification of Sci-Fi for climate fictions.
 Some also flirt with Margaret Atwood's concept of "speculative fiction". This obliges to take up currently existing elements or developments. As a reward you can count yourself to high culture like Atwood. Bruno Arpaia therefore emphasizes: Just as in his novel “Qualcosa, là fuori” the “Northern Union” from Scandinavia locks out climate refugees - including Germans - the European Union is already doing today. "I only went 25 years into the future", meanwhile the Scot Vicki Jarrett defends herself against the genre allegation. But then she has to admit that there is a polar bear traveling through time in her novel “Always North”, which disqualifies him as “speculative fiction”.

On the other hand, Jarrett's Fantasy or Bonete Escoto's horror also have a big advantage. Realpolitik can be avoided with surreal elements. The "Fridays for Future" activist Clara Mayer, who moderates one of the panels, reads literature very literally and gives her novel "The Carbon Diaries: 2015" back to the British, for revision: He portrays climate legislation too negatively, that's just scare. In the novel, the British government is forced to ration emissions like food in war. “I just wanted to make a few jokes,” says Lloyd, a little grumpy and explains: At each of her readings there is a boy who is a big Porsche fan and who therefore hates the environmental issues in her literature. If she could make him laugh, she won. Plot and characters should not be sacrificed to the political message, otherwise it would be wooden.
Well informed and yet at a loss
The others see it similarly. Again and again two terms come up that help when asked whether your topic is fictional. Although the crisis can already be experienced drastically in some places, it can never be grasped as a "hyper object" in its entire temporal and spatial extent. This leads to a “crisis of imagination” among people, and it is only against this crisis that literature can help. Even a motive for this has already established itself in the European "Cli-Fi". With Jarrett and Köck you can find an eternal day, which for her is the polar summer and for him it is technically illuminated.
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Beim diesjährigen Bachmannpreis-Wettbewerb kritisierte die Jurorin Insa Wilke eine Haltung, die sie schon in den Vorjahren gestört zu haben schien. „Wir reden immer von Zukunftsvisionen“, sagte sie über Texte, die zerstörte Umwelten beschreiben. Dabei seien es Gegenwartstexte. Wilke weigerte sich, eine Geschichte über eine desolate, vermüllte Zukunft in die Ecke der Science-Fiction zu stellen und ihr den Stempel der Genreliteratur aufzudrücken. Denn: Kann etwas, das laut Wissenschaftlern das Fortbestehen der Menschheit bedroht, wirklich nur ein Genre von vielen sein?

Ähnlich argumentiert nun der Dramatiker Thomas Köck bei einer Veranstaltung des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB). Auch er will sich von Science-Fiction, der „fiktivsten“ unter den Fiktionen, abgrenzen. Doch wo ist die Klima- und Umweltliteratur besser aufgehoben? Köck ist einer von zehn europäischen Autorinnen und Autoren, die diese Frage beschäftigt. Das LCB hat sie gemeinsam mit der Freien Universität Berlin zu einem digitalen Essay versammelt, das aus Videos von Panel-Diskussionen, Lesungen und anderen Formaten besteht. Durch das ganze Minifestival kann man auf der Website des LCB scrollen und bekommt so eine Einführung in die junge Bewegung. Bruno Arpaia hat 2016 den ersten italienischen Klima-Roman geschrieben. María Bonete Escoto trug 2018 zur ersten spanischen Klima-Anthologie eine Geschichte bei. Und die Polin Julia Fiedorczuk hat sogar die europaweit erste Schule für „Ökopoetik“ gegründet, in der neue, bessere Metaphern für die Krise im aristotelischen Sinne „gemacht“ werden.

Disqualifiziert: Ein zeitreisender Eisbär

Alles „Cli-Fi“ also, eine Abwandlung von Sci-Fi für Klima-Fiktionen. Manche liebäugeln auch mit Margaret Atwoods Begriff der „spekulativen Fiktion“. Diese verpflichtet dazu, gegenwärtig vorhandene Elemente oder Entwicklungen aufzugreifen. Als Belohnung darf man sich dann wie Atwood zur Hochkultur zählen. Bruno Arpaia betont deshalb: So wie in seinem Roman „Qualcosa, là fuori“ die aus Skandinavien bestehende „Nördliche Union“ Klimaflüchtlinge – darunter auch deutsche – aussperrt, mache es die Europäische Union doch bereits heute. „Ich bin nur 25 Jahre in die Zukunft gegangen“, verteidigt sich derweil die Schottin Vicki Jarrett gegen den Genre-Vorwurf. Sie muss dann aber gestehen, dass es in ihrem Roman „Always North“ einen durch die Zeit reisenden Eisbären gibt, was ihn als „spekulative Fiktion“ disqualifiziert.

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Andererseits haben die Fantasy von Jarrett oder der Horror von Bonete Escoto auch einen großen Vorteil. Mit surrealen Elementen lässt sich der Realpolitik aus dem Weg gehen. Die „Fridays for Future“- Aktivistin Clara Mayer, die eines der Panels moderiert, liest Literatur sehr wörtlich und gibt der Britin Saci Lloyd ihren Roman „The Carbon Diaries: 2015“ zur Überarbeitung zurück: Er stelle die Klima-Gesetzgebung zu negativ dar, das verschrecke nur. In dem Roman sieht sich die britische Regierung gezwungen, Emissionen zu rationieren wie Essen im Krieg. „Ich wollte nur ein paar Witze machen“, sagt Lloyd dazu ein wenig knatschig und erklärt: Bei jeder ihrer Lesungen gebe es einen Jungen, der großer Porsche-Fan sei und sie deshalb für die Umweltthemen in ihrer Literatur hasse. Wenn sie ihn zum Lachen bringen könne, habe sie gewonnen. Plot und Figuren dürften der politischen Botschaft nicht geopfert werden, sonst werde es hölzern.

Bestens informiert und doch ratlos

Das sehen die anderen ähnlich. Immer wieder fallen zwei Begriffe, die bei der Frage, ob ihr Thema fiktiv ist, helfen. Zwar ist die Krise mancherorts bereits drastisch erfahrbar, als ein „Hyperobjekt“ aber nie in ihrer ganzen zeitlichen und räumlichen Ausdehnung fassbar. Das führe bei den Menschen zu einer „Krise der Vorstellungskraft“, und nur gegen diese Krise helfe die Literatur. Sogar eine Motivik hat sich dafür in der europäischen „Cli-Fi“ schon etablieren können. Bei Jarrett und Köck findet man etwa einen ewigen Tag, der bei ihr der Polarsommer und bei ihm technisch ausgeleuchtet ist.

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• VON VICTOR SATTLER
• -AKTUALISIERT AM 25.08.2020